Der Hexer mit dem Feuerring
EINE KULINARISCHE SYMBIOSE
(Text: Nina Schmid | Fotos: Sylvan Müller | Dennis Savini)
Der eigenwillige Sternekoch Stefan Wiesner – auch der «Hexer» genannt – kocht mit Stein, Holz, Moos oder Schnee. Viele seiner Ideen haben ihren Ursprung in der hintersten Ecke des Kantons Luzern, der Entlebucher UNESCO-Biosphäre. Seine «avantgardistische Naturküche » gilt als eine der besten und ungewöhnlichsten der Schweiz. Dieser Gourmet-Poet hat sich inzwischen 17 Gault-Millau-Punkte und einen Michelin-Stern erkocht. Für ihn ist Kochen ein Zusammenspiel aus Ethik, Ökologie, Kultur, Architektur, Ästhetik und Kunst, vor allem aber Wissen und Können – und: Wiesner ist höchst unerwartet und provokativ.
Auf der anderen Seite: Der Stahlplastiker Andreas Reichlin. Er entwickelte in seinem Atelier im schweizerischen Immensee aus massiven Stahlplatten einen ästhetischen und funktionalen Design-Feuerschalen-Grill – den Feuerring – und der erste seiner Art. Entstanden ist ein wunderschönes Grillgerät, eine Skulptur, die dem Auge schmeichelt und dem Magen gefällt: eine formschöne Schale, edel gerostet, wie aus einem Guss verbunden mit einem massiven Ring, tiefschwarz eingebrannt. Ästhetik für jeden Außenbereich als Quelle der Wärme und Ort des Miteinanders.
Im Sommer 2017 hat Stefan Wiesner seine Küche ins Freie verlegt: Auf einer Waldlichtung stehen riesige Feuerringe aus Stahl, meterhohe Flammen verwandeln diesen Ort in ein mystisches Spektakel, das sich «Keltisches Fest am Feuer» nennt. Der extravagante Sternekoch und die Feuerring-Philosophie sind eine fantastische Zusammenkunft. Das Feuer ist für Wiesner eine ganz besondere Herausforderung.
«Ich koche hier auf höchstem Niveau – man kann nicht einfach einen Schalter drücken, um das Feuer zu regulieren. Da muss man mit Herz und Gefühl arbeiten.»
Offiziell gab es acht Gänge, auch vegetarisch oder sogar vegan! Beispielsweise im Feuer geschmorte Rande, mit Douglasnadeln marinierter Sommerrehbock oder in der Asche gewälzter Bauchspeck. Der Hexer zauberte Konfitüre vom Feuerbusch oder auf einer Stange über dem Feuerring gar geräucherte Wurst vom schwarzen Ayam-Cemani-Huhn. Die Krönung jedoch war Glacé aus frisch geschlagenem und geröstetem Arvenholz: Den Feuerring temperierte Stefan Wiesner jeweils so, wie es notwendig ist, denn die Eismasse benötigt natürlich viel weniger Hitze. In diesem Fall löscht man ihn mit Wasser ab. Kontrolliert wird mit dem Temperaturmessgerät. Ein Feuerwerk an Sinneseindrücken, das einfach verhext!
Wiesners Außenküche in seinem Restaurant „Rössli“ im schweizerischen Escholzmatt bereichern inzwischen drei Feuerringe, auf denen er seine provokativen, experimentellen und kreativen Ideen voll ausleben kann. Stein, Holz, Farn, Moos, Torf, Teer und Stroh sind nur einige der Ingredienzen, mit denen Wiesner seine Gäste immer wieder aufs Neue zu verblüffen vermag.
www.feuerring.ch
Fotos: Sylvan Müller | Denise Savini