Eine Kamera gewährt Einblicke in die Seele …

… sagt Mike Kraus, Regisseur, Fotograf und Musiker. stylus hat mit ihm über seine aktuellen Projekte, seine Leidenschaft zur Musik und den Beginn seiner Karriere als Fotograf gesprochen – bei einem Cappuccino über den Dächern von Schwabing.

Mike Kraus wurde 1973 in Wien geboren, studierte in Florenz und Chicago und ist seit Ende der 1990er-Jahre international als Fotograf und Regisseur erfolgreich. Er lebt mit Frau und Tochter in München. Seine Freizeit verbringt er gerne in seinem Atelier: Zu guter Jazzmusik malt er am liebsten auf große Leinwände. 

Franziska Knuppe

Stylus: Du bist ein sehr vielseitiger Künstler: Du hast in Florenz Fotografie studiert, anschließend an der Columbia University in Chicago deinen Abschluss in Regie und Kamera gemacht. Seit über zehn Jahren arbeitest du in erster Linie als Porträtfotograf. Wie kam es dazu?

Mike Kraus: Als Regisseur arbeite ich ja schon über 18 Jahre lang. Die Fotografie habe ich dann auch zur Profession gemacht. Menschen sind für einen Fotografen immer interessant, und da ich viele Schauspieler kenne, dachte ich mir, ich fange mal mit Porträts an. Es ging los mit meinem Freund Herbert Knaup. Das Shooting lief so gut, dass er mich weiterempfohlen hat. Als Nächstes habe ich dann Sebastian Koch und Armin Rohde fotografiert … und so kam der Stein ins Rollen.

Armin Rohde

Stylus: Inzwischen hast du viele internationale Prominente vor deiner Linse gehabt, die ja alle ständig fotografiert werden. Was zeichnet deine Fotos aus?

Mike Kraus: Ich fotografiere dieses Jahr wieder im Auftrag des Münchner Filmfests. Da möchte ich meine Art der Lichtsetzung

zeigen, die ich jedes Jahr etwas variiere. Mein Stil ist ein bisschen cineastisch, da ich ja vom Film komme. Ich habe das Handwerk von der Pike auf gelernt, war Kameraassistent und Beleuchter. Deshalb setze ich die Künstler gerne in ein Licht, das sie in einer bestimmten Art „formt“. So entsteht meist eine gewisse Dramatik. Außerdem mag  ich den direkten Blick in die Kamera sehr gerne. Man sagt ja auch, dass die Kamera Einblicke in die Seele des Fotografierten gewährt. Meine Lieblingsbilder sind die, die Ruhe und Sensibilität ausstrahlen, denn damit findet man den Zugang zu den Menschen.

Jan Josef Liefers

Stylus: Johann von Bülow sagt über eure Zusammenarbeit: „Mike geht mit dem Licht um wie ein Bildhauer mit dem Meißel.“

Mike Kraus: Das hat er schön gesagt. Ja, das Formen der Gesichtszüge durch Licht und Schatteneinwirkung ähnelt vielleicht wirklich der Bildhauerei.

Stylus: Was macht für dich einen guten Fotografen aus?

Mike Kraus: Ein Fotograf muss Licht setzen können. Dadurch siebt es sich schon mal aus. Er muss einen eigenen Stil und eine eigene Bildsprache haben, so wie die meisten namhaften Fotografen, zum Beispiel Peter Lindbergh. Seine Arbeiten finde ich wirklich wunderschön.

Stylus: Du bist auch als Werbefilmer sehr gefragt, hast aber auch schon Dokumentationen gemacht. Steht irgendwann ein Spielfilm auf dem Plan?

Pheline Roggan

Mike Kraus: Auf jeden Fall. Ich habe mein Studium für Regie und Kamera geliebt und möchte zum Spielfilm zurückkehren. Die Idee und der Wunsch werden täglich klarer und drängeln sich immer stärker nach vorne.

Florian David Fitz

Stylus: Mit einem eigenen Drehbuch?

Mike Kraus: Ja, ganz sicher. Auch in der Musik war es mir immer wichtig, eigene Texte zu schreiben und zu komponieren. Nach den vielen Konzerten bin ich immer noch stolz auf den einen oder anderen Songtext.  Deswegen möchte ich mich auch bei einem Filmprojekt 100 % einbringen – vor allem beim Skript. Wobei ich keineswegs auf Unterstützung verzichten würde.

Stylus: Und welches Genre?

Mike Kraus:  Es sollte authentisch sein. Eine Geschichte aus dem wahren Leben. Beispielsweise ein Thriller oder auch eine Komödie. Ich finde die romantische Komödie sehr reizvoll, da es eine echte Herausforderung ist, sie nochmal frisch und anders zu erzählen.

Stylus: Mike, du bist auch leidenschaftlicher Musiker und hattest einige Jahre eine eigene Band – eigentlich wäre Musikfotograf doch viel naheliegender, als Porträts zu fotografieren …

Antje Traue
Mario Adorf

Mike Kraus: Live-Fotografie interessiert mich nicht. Aber in der Tat plane ich, zukünftig vermehrt Musiker zu fotografieren.

Stylus: Wäre auch Berufsmusiker eine Option gewesen? Bei einem Vater wie Peter Kraus, der deutschen Rocklegende, könnte man meinen, dass du schon als kleiner Junge musiziert hast.

Mike Kraus: Wir waren keine Familie, die unter dem Weihnachtsbaum gesungen hat; mein Vater singt zu Hause eigentlich nie. Erst während meines Studiums kam ich zur Musik. Über acht Jahre bin ich viel in Clubs aufgetreten, habe Alben aufgenommen – das war eine fantastische Zeit. Ohne Musik könnte ich zwar nicht leben, aber als Berufsmusiker muss es dein Leben ausmachen. Und die Nr. 1 in meinem Leben ist im Moment meine Familie.

Stylus: Du hast im Juni beim 4. Oberstdorfer Fotogipfel mit dem Motto „Musik – Soundtrack deines Lebens“ mit ausgestellt. Deine Großformat-Installation trug den Titel „I want your Rock ’n’ Roll“. Was müssen wir uns darunter vorstellen?

Mike Kraus: Mich faszinieren in der Portraitfotografie diese intensiven Blicke. Und wenn der Blick richtig ist, steckt da viel Rock ’n’ Roll drin. Diese unaufgeregte Überzeugung einer starken Persönlichkeit. Rock ’n’ Roll ist ein Lebensgefühl und es darf nicht fehlen. In der Musik nicht, und auch nicht in der Fotografie.

Stylus: Vielen Dank, Mike, für das interessante Gespräch und für deine Zeit!

www.mikekraus.workswww.soapimages.com
Interview: Angela Müller